Grischa Prömel (20), der bis zu seinem 14. Lebensjahr in der Jugend des TSV RSK Esslingen spielte, wurde zur U20 Weltmeisterschaft in Neuseeland in den DFB-Kader nominiert und absolvierte alle Spiele bis zum Ausscheiden im Viertelfinale. Im Gespräch mit Erik Scherrieble erzählt er von seinen letzten 2 Jahren bei der TSG 1899 Hoffenheim, den neuen Erfahrungen während der Zeit in Neuseeland und der Verbundenheit mit seinem Heimatverein TSV RSK Esslingen:
Erik: „Das Ausscheiden im Viertelfinale liegt jetzt einige Tage zurück, wie sehr schmerzt der Gedanke daran noch und wie positiv kannst du das Ganze bereits bewerten?“
Grischa: „Im ersten Moment ist eine Niederlage natürlich immer schwer zu verkraften, aber rückblickend kann ich schon sagen, dass die WM positiv für mich verlaufen ist. Bei so einem großen Turnier kann jeder Spieler viel lernen und natürlich auch auf sich aufmerksam machen. Viele sind davon ausgegangen, dass wir gegen Mali gewinnen würden und anfangs sah es auch gut aus, dann kam aber mit dem verschossenen Elfmeter und dem Gegentreffer ein Bruch im Spiel und letztendlich haben wir im Elfmeterschießen unglücklich verloren.“
Erik: „Um noch einmal einige Monate zurückzugehen, wie überraschend kam die Einladung zu den Lehrgängen in Jena und die Nominierung für die internationale Spielrunde in Italien?“
Grischa: „Natürlich war es auch für mich eine Überraschung, da es nicht normal ist, als 4. Liga Spieler nominiert zu werden. Ich hab mich sehr gefreut und für mich war es eine Ehre dabei zu sein. In der kurzen Zeit muss man dann alles reinwerfen und glücklicherweise konnte ich den Trainer in den Lehrgängen und beim Spiel in Italien überzeugen.“
Erik: „Wann und wie hast du von der Nominierung für die U20-WM erfahren?“
Grischa: „Der Trainer musste früh den Kader bekannt geben und hat mich dann einige Tage vor der Bekanntgabe angerufen. Eigentlich war ich für hinten rechts eingeplant, konnte ihn dann aber in den weiteren Trainingseinheiten überzeugen, um dann doch auf der angestammten Position im zentralen Mittelfeld aufzulaufen.“
Erik: „Wie waren deine Eindrücke von der Mannschaft, vom Umfeld und der Organisation in Neuseeland?“
Grischa: „Glücklicherweise wurde ich sehr gut aufgenommen, das Ganze wurde natürlich erleichtert durch meine Teamkollegen von der TSG Marvin Schwäbe und Kevin Akpoguma. Das Teammanagement hat gute Arbeit geleistet und wir haben schnell zueinander gefunden. Christchurch als Stadt wurde vor einigen Jahren von einem Erdbeben schwer getroffen und befand sich deshalb immer noch in der Aufbauphase. Bei der Nationalmannschaft war ein riesen Team dabei, von Köchen über Physiotherapeuten, war alles dabei. Dementsprechend konnten wir uns natürlich sehr gut auf die Spiele konzentrieren.“
Erik: „Wie ist es plötzlich mit gestandenen Bundesliga-Profis auf dem Platz aufzulaufen? Wie konntest du den Trainer von deinen Fähigkeiten überzeugen?“
Grischa: „Es freut mich natürlich mit Spielern wie Stendera oder Brandt aufzulaufen und es ist ein Privileg mit diesen Spielern zusammen zu sein. Jeder verfolgt in der Sportschau die erste und zweite Liga und wenn man da sein Mitspieler sieht, ist das natürlich eine Ehre und Freude, das gleiche Vertrauen bei der WM zu erhalten. Der Trainer hat uns immer gleich behandelt und deshalb hab ich in jedem Training alles gegeben. Natürlich hab ich mich am Anfang erst einmal hinten anstellen müssen. Aber ich konnte mit meiner eigenen Leistung überzeugen und alle Trainings sind gut verlaufen. Am Tag vor dem ersten Spiel hat der Trainer dann die Mannschaftsaufstellung bekannt gegeben und ich war überglücklich auf so einer großen Bühne spielen zu dürfen.“
Erik: „Bei einer Jugend-Weltmeisterschaft aufzulaufen, bringt natürlich ganze neue Sachen mit sich. Spiele werden live im TV übertragen, man wird ständig von Kameras verfolgt, die mediale Aufmerksamkeit ist einfach viel größer. Was hat sich da für dich geändert und konntest du dich gut darauf einstellen?“
Grischa: „Die mediale Aufmerksamkeit ist tatsächlich riesig, das Turnier ist nach der A-Nationalmannschafts WM das zweitgrößte. Man genießt die Aufmerksamkeit und gibt gerne Autogramme und macht Fotos mit den Fans. Obwohl es bei der U23 natürlich auch schon viele Berichte gab, war das eine komplett neue Erfahrung für mich. Dank unseres Teams, den Medienberatern und Dolmetschern konnte ich das aber immer gut meistern.“
Erik: „Vor 2 Jahren bist du noch mit den Kickers aus der U19- Bundesliga abgestiegen, letztes Jahr mit der U19 der TSG Hoffenheim deutscher Meister geworden, jetzt Stammspieler bei der U20-WM gewesen, bald steht der Wechsel zu den Profis an. Kannst du das ganze bereits schon irgendwie einschätzen oder ist es immer noch wie ein Traum, der in Erfüllung geht?“
Grischa: „Natürlich sind die Erinnerungen an die deutsche Meisterschaft noch sehr präsent, obwohl das auch schon wieder 1 Jahr her ist. Meistens hat man nie wirklich die Zeit alles zu genießen. Aber für mich war es immer schon ein Traum international Fußball zu spielen und die WM in Neuseeland ein sehr besonderes Erlebnis. Man versucht die positiven Dinge mitzunehmen, aber natürlich gehören auch Niederlagen dazu. Das macht einen nur stärker.“
Erik: „In Hoffenheim hast du natürlich einige Spieler vor dir, die bereits international erfahren sind. Wie siehst du deine sportliche Perspektive bei der TSG und willst du die gestandenen Profis ein bisschen unter Druck setzen?“
Grischa: „Ich gebe natürlich in jedem Training Gas und versuche immer an meine Leistungsgrenze zu gehen, sodass es dem Trainer möglichst schwer fällt eine Entscheidung zu treffen. Das Niveau in Hoffenheim ist sehr hoch, und ich versuche aus jeder Einheit persönlich etwas mitzunehmen. Letztendlich entscheidet dann der Trainer, wer in der Bundesliga in der Startelf steht.“
Erik: „Gibt es Ziele in der nahen Zukunft, die du unbedingt erreichen willst?“
Grischa: „Erst einmal wollte ich die WM abwarten und natürlich will ich immer spielen. Ich habe einen Vertrag bis 2016 bei der TSG und demnächst stehen Gespräche mit den Verantwortlichen an. Trainingsauftakt ist offiziell der 2. Juli, aufgrund der WM haben aber wir 3 Nationalspieler noch etwas länger frei, um mal richtig abzuschalten.“
Erik: „Beim RSK hast du bis zu deinem 14. Lebensjahr gespielt, deine Eltern wohnen noch hier oben im Norden, deine beiden Brüder spielen bei den Aktiven. Wie eng ist die Beziehung noch zum RSK?“
Grischa: „Es besteht immer noch ein sehr enger Kontakt zum RSK. Ich versuche so oft wie möglich hochzukommen, um meinen alten Kumpels zuzuschauen. Meine beiden Brüder spielen auch in den aktiven Mannschaften und das verfolge ich natürlich zu jeder Zeit.“
Erik: „Beim RSK hat sich in den letzten Jahren auch einiges bewegt. Es wird vermehrt auf junge Spieler gesetzt und die Abteilungsleitung wurde neu aufgestellt. Wie bewertest du die Vorgänge auf der Katharinenlinde?“
Grischa: „Meiner Meinung nach ist der RSK auf einem guten Weg, hat einen ambitionierten Trainer mit Konzept. Der RSK hat schon immer eine gute Jugend und bringt jetzt auch viele gute Spieler heraus.“
Erik: „Einige Spiele der Aktiven hast du sogar verfolgt wie zum Beispiel das Derby gegen Wäldenbronn. Wie wichtig ist dir das Umfeld und deine Freundschaften hier in Esslingen? Kommst du immer wieder gerne zurück?“
Grischa: „Für mich ist das Umfeld hier in Esslingen nach wie vor sehr wichtig. Ich fahre so oft wie möglich nach Hause. Mir ist es sehr wichtig hier Zeit mit meinen Kumpels, der Familie und meiner Freundin zu verbringen. Und was macht man schon Sonntags 15:00 – RSK Bezirksliga schauen, natürlich.“
Danke für das Gespräch, Grischa!